Wolcen – Lords of Mayhem: Trotz schlechtem Start gelungen?

Wolcen – Lords of Mayhem, die große ARPG Hoffnung des Jahres, was hat es auf dem Kasten? Können die Entwickler den schlchten Start wieder ausbügeln und ist es trotz der Fehler ein gutes Spiel? Ist Wolcen trotz schlechtem Start gelungen? Das alles erfahrt ihr in diesem Beitrag.

Was ist Wolcen denn überhaupt?

Wolcen hat, obwohl es erst vor Kurzem released wurde, bereits eine lange Geschichte hinter sich. Ursprünglich auf Kickstarter gestartet unter dem Namen „Umbra“, konnte das Spiel schnell viele Erfolge verzeichnen. Über 11.000 Backer (also Leute, die das Spiel auf Kickstarter finanzierten) konnte Umbra für sich gewinnen. Doch im Laufe der Entwicklung hat sich nicht nur der Name verändert. Aufgrund von urheberrechtlichen Problemen wurde aus Umbra kurzerhand Wolcen, die ursprüngliche Idee eines Open-World ARPGs wurde später eingetauscht gegen einzelne Levelabschnitte und noch im Rahmen des Early Access wurde zahlreiche Skillanimationen überarbeitet.

Apropos Early Access, in diesem Zustand befand sich das Spiel eine sehr lange Zeit über und wurde währenddessen durchgehend verbessert, sodass Wolcen bereits in dieser frühen Phase eine große Spielerbase aufbauen konnte. Spielen konnte man in der Early Access-Fassung allerdings nur das erste Kapitel des Spiels.

Der schlechteste Start 2020

Wolcen wurde vor dem finalen Release im Februar bereits um zwei Wochen nach hinten verschoben, da die Entwickler noch Probleme im Feinschliff des Spiels hatten. Wie groß diese Probleme allerdings tatsächlich ausfielen, zeichnete sich erst kurz vor Release ab. Die Entwickler schickten, wie üblich, eine Preview Version an die großen Gaming-News Seiten, doch diese war unspielbar. Zahlreiche ärgerliche Fehler plagten die Version, ein Game-breaking Bug jagte den nächsten. Das Statement der Entwickler, es wäre ein falscher Build versendet worden, konnte an dem entstandenen Eindruck leider nicht mehr viel verändern. Es gab also zu Release von Wolcen keinen fertigen Test, da auch die „Großen“ ihre Tests komplett mit der fertigen Fassung des Spiels überarbeiten mussten.

Zu allem Bedauern war die Releasefassung von Wolcen nicht viel besser als das bereits gesehene. Fortschritt wurde zufällig zurückgesetzt, Beute verschwand oder Charaktere waren einfach weg. Der Start von Wolcen war, gelinde gesagt, ein Disaster.

Dann mal los!

Obwohl ich sehr gehyped auf den Mix zwischen Diablo und Path of Exile war, wartete ich also mit dem Kauf ab. Letzte Woche konnte ich dann aber nicht mehr warten und habe zugegriffen, zu diesem Zeitpunkt gab es bereits über acht Patches zum Beheben der Fehler. Außerdem hat das Entwicklerteam angekündigt, die nächsten vier Monate nur an den Fehlern und nicht an neuen Inhalten zu arbeiten, das finde ich richtig gut.

Wolcen begrüßt uns mit einem kurzen Intro und schmeißt uns anschließend direkt in die, für ein ARPG, recht umfangreiche Charaktererstellung. Neben dem Geschlecht (leider nur männlich/weiblich verfügbar) kann ich mir hier mein Gesicht und meine Start-Waffe aussuchen. Richtig gelesen, meine Start-Waffe! Wolcen setzt auf ein klassenloses Charaktersystem, in dem du bist, was du skillst (und trägst). Wenn du Lust darauf hast, ein Assassine mit schwerer Rüstung zu sein, der seine Gegner mit einem Zauberstab erdolcht, dann gibt dir Wolcen die Möglichkeit dazu.

Charakter erstellt und auf Play klicken, los geht’s. Wir werden begrüßt von einer Cutscene im gezeichneten Stil. Hier lernen wir unsere Geschwister und unseren Ziehvater kennen, denn wir sind offensichtlich ein Waise.

Ziehpapa Heimlock

Schnell wird der Aufhänger der Geschichte zum Thema gemacht, denn unsere Gegner, die „Brotherhood of Dawn“ haben uns vor einigen Wochen angegriffen, und nun ist Zeit zum Rückschlag. Wir brechen auf! In einer eindrucksvollen Cutscenen können wir sehen, wie unsere Truppen, die „Purifiers“, durch eine unwirkliche Küstenlandschaft marschieren, als uns Unerwartetes in Hinterhalt trifft. Wir, also ich und meine zwei Geschwister Valeria und Eldric, werden geschickt, um die Bogenschützen aufzuhalten. Während wir hier mit den ersten Schritten vertraut gemacht werden, müssen wir uns eigentlich um gar nichts kümmern, denn Val und Eldric erledigen alles für uns.

Dämonen!

Schnell geht es nicht mehr nur um Bogenschützen! Als die Erde aufreißt und uns verlorene Seelen entgegenschmettert, gehen wir der Sache natürlich auf den Grund. Ein Dämon soll es sein, so sagt uns jedenfalls Schwester Valeria, und dieser lässt auch nicht lange auf sich warten. Während Val gestürzt und somit kampfunfähig ist, nehmen wir es alleine mit dem Dämon auf. Wie aus dem Nichts können wir uns aus seinem Bann befreien und werden selbst zu etwas mächtig Magischem. Wir weisen den Dämon in seine Schranken, denn dieser ist genauso überrascht davon, wie ich es als Spieler bin. Leider ist die Verwandlung nicht von Dauer, und so verlieren wir den Kampf gegen den namenlosen Dämon und stürzen, gemeinsam mit der Schwester, in die Wellen.

Wir wachen in einer Grotte wieder auf und müssen unsere Schwester suchen. Hier finden wir auch gleich die ersten Gegner, die Sachen für uns fallen lassen, womit die in der Charaktererstellung getroffene Waffenwahl hinfällig wird. Haben wir Schwester Valeria dann gefunden, wirft sie prompt ein Schwert nach uns. Schnell wird hier klar; Die „Purifier“ stehen gegen alles, was magisch ist. Nach einem kurzen Dialog können wir Valeria davon überzeugen, dass wir kein Dämon sind, und selbst nicht so genau wissen, was hier eigentlich abgeht.

Val begleitet uns zur nächstgelegenen Stadt, Stormfall heißt sie, und sie wird unser neues Zuhause, denn zu den Purfifiern der Republik können wir nicht mehr zurück. Valeria zieht los, um unseren Ziehpapa Heimlock nach Hilfe zu fragen, während wir uns in Stormfall versteckt halten sollen. In die Stadt kommen wir aber nur, wenn wir uns als freiwilliger Krieger melden, und so landen wir direkt im Krieg zwischen der freien Stadt Stormfall und den amphibienartigen Svriir. Das Tutorial ist vorbei und Kapitel eins – „Children of Heimlock“ beginnt.

Der Start ins Spiel

Wie weiter oben bereits erwähnt, lässt uns Wolcen vollkommen freie Hand bei dem, was wir spielen wollen. Wir dürfen pro Stufenaufstieg zehn Attributspunkte und einen Fähigkeitenpunkt in passive Fähigkeiten investieren. Aktive Fähigkeiten hingegen können wir als Zufalls-Drop von Monstern und Bossen bekommen, diese sind dann meistens an eine Waffe gebunden. Erst mit steigendem Level erkennt man das Potential dieses Systems ansatzweise. Dennoch erreicht es hier nicht die Tiefe eines „Path of Exile“, doch ist wesentlich umfangreicher als die meisten ARPGs.

Das Resourcen-System regt allerdings zum Ausprobieren an, denn Mana oder Ausdauer gibt es hier nicht. Stattdessen haben wir eine Leiste, die zwischen „Willpower“ und „Rage“ hin- und herschwingt. Im Normalzustand haben wir volle Willpower und generieren Rage, wenn wir einen Gegner schlagen oder Fähigkeiten einsetzen, die Willpower verbrauchen. Wollen wir also einen Magier mit Großschwert spielen? Perfekt! Erst hauen wir den Gegnern unsere magischen Skills um die Ohren, ist die Willpower dann leer bzw. komplett in Rage konvertiert, kommen unsere Krieger-Fähigkeiten zum Einsatz, die wiederum Rage konsumieren und uns damit Willpower wiedergeben. So entsteht eine schöne Synergie beim Spielen einer eigentlich so abstakten Kombination.

Unsere Attributspunkte können wir frei in die Kategorien Ferocity, Toughness, Agility und Wisdom stecken. Wichtig ist hierbei aber, dass nur die höchsten drei der vier Attribute für unseren Charakter ausschlaggebend sind. Das passive Skill-Menü gibt uns zahlreiche Stränge zu Auswahl, die in drei Räder aufgeteilt sind. Wir können diese Räder allerdings drehen und somit noch mehr mögliche Kombinationen freischalten. Auch das regt sehr zum Experimentieren an. Wir können außerdem unsere Attribut- wie auch Skillpunkte jederzeit zu niedrigen Kosten zurücksetzen.

Das Gameplay

Wolcen’s Gameplay ist schlichtweg gut. Doch was fehlt zu einem sehr guten Gameplay? Die Fähigkeiten fühlen sich wuchtig an. Das Movement hat seine Aussetzer, doch ist an sich ganz gut. Wieso fühle ich mich also nicht „sehr gut“? Ich gehe davon aus, dass Diablo mir das hier kaputt gemacht hat. Wolcen kommt nicht an das atemberaubende Spielgefühl eines Diablo heran, macht sich hier aber deutlich besser als Path of Exile.

Man könnte also sagen, Wolcen holt sich aus beiden Genregiganten das Beste heraus, kommt aber an keinen heran. Ist das denn schlecht? Keineswegs! Ich habe sehr viel Spaß mit dem Gameplay von Wolcen. Es fühlt sich mehr als nur gut genug an, ich freue mich darüber, mehr Spielraum für Ideen als in einem Diablo zu haben. Gleichzeitig fühle ich mich aber auch nicht so erschlagen von der schieren Anzahl der Möglichkeiten wie in Path of Exile. Wolcen baut sich so seine eigene Kategorie, die es meistern kann – und tut das hervorragend.

Die Welt von Wolcen hat mich einige Male stehen bleiben und staunen lassen. Vorallem die Lichtstimmung und die liebevoll gestalteten, sehr unterschiedlichen Umgebungen sorgen permanent für eine düstere Atmosphäre, die ab und an von den recht witzig geschriebenen Dialogen aufgehellt wird. Denn während Wolcen eine sehr dunkle und fesselnde Geschichte erzählt, neigen die Charaktere dazu, sich überhaupt nicht dementsprechend zu verhalten. Das hat mich erst gestört, finde ich rückblickend aber klasse. Ich fühle mich hier schnell an ein Gothic erinnert. Vorallem unser Hauptcharakter, der eine zweite Phase eines Bosses gerne mal mit etwas wie „entweder ist es tot, oder verflucht angepisst“ kommentiert, hat mich oft zum Schmunzeln gebracht.

Und das Endgame?

Was ist jetzt eigentlich mit dem schlechten Start? Konnte sich das Spiel retten? Ja, definitiv! Man merkt zwar noch immer, dass das erste Kapitel sehr viel runder läuft als Kapitel zwei und drei, dennoch beschränken sich die Fehler auf ein Minimum. Im dritten Kapitel schweben beispielsweise Gegenstände gerne in der Luft, oder Gegner hinter einer Wand. Es ist mir auch einmal passiert, dass ich eine Quest nicht abschließen konnte, und ein einziges Mal in 30 Stunden ist das Spiel abgestürzt. Da die Entwickler aber versprochen haben, sich in Zukunft auf das Beheben solcher Fehler zu konzentrieren, kann ich hier beruhigt grünes Licht geben.

Ohne zu viel verraten zu wollen; Das Endgame von Wolcen schaltet sich nach dem Abschluss der Story frei. Die Story selbst hat doch einige unerwartete Wendungen und hat mich gefesselt, erwartet aber hier keine Triple A Geschichte. Im Endgame sind wir Regent einer Stadt, können Gebäude ausbauen, um unseren Charakter und unsere Ressouren weiter zu verbessern. Um das zu tun, laufen wir durch zufallsgenerierte Dungeons und finden dort allerhand Loot. Zum Verbessern des Charakters ist noch viel Platz – nach Abschluss der Story war ich nämlich erst Level 45 von 90. Das Verbessern der Stadt motiviert, ob das auf Dauer so bleibt, kann ich nach etwa 35 Stunden Spielzeit noch nicht sagen.

Fazit

Wolcen – Lords of Mayhem hat trotz schlechtem Start eine steile Reise hingelegt. Ich kann jedem ARPG-Fan hier eine klare Empfehlung geben. Der größte Pluspunkt für Wolcen liegt für mich klar in der Spielwelt. Mit so viel Liebe zum Detail gestaltet und so atmosphärisch, das habe ich auch in Triple A Titeln noch nicht oft gesehen. Das Gameplay macht einfach Spaß und ist an einigen Stellen fordernd. Ich hing zum Beispiel rund drei Stunden am letzten Boss von Kapitel 2 und hatte, dank des Gefühls beim Kämpfen, trotzdem noch Spaß, obwohl meine Frustrationsgrenze bei sowas normalerweise sehr viel niedriger liegt.

Die Geschichte von Wolcen ist gelungen, hält bei der Stange und erzählt von glaubwürdigen Charakteren, die im Kopf bleiben. Vorallem unsere Schwester Valeria wächst uns über die Zeit doch sehr ans Herz, trotz ihrer ruppigen Art. Die Geschichte ist außerdem noch nicht zu Ende! Nach den zahlreichen Bugfixes der nächsten vier Monaten ist bereits ein viertes Storykapitel angekündigt, auf welches ich mich jetzt schon freue.

Es ist kein Diablo 4, es ist auch kein Path of Exile 2, doch genau das Richtige, um die Wartezeit auf diese Titel zu verkürzen.

Wie seht ihr das? Habt ihr Wolcen gespielt oder habt ihr es jetzt sogar vor? Lasst es mich in den Kommentaren wissen!

Schreibe ein Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert